Bilder Mit dem November ist das ja so eine Sache. Er kommt mir
manchmal vor, wie die Kartoffeln in den Älplermagronen... Es braucht sie zwar, aber
niemand mag sie so wirklich. Deshalb zischen wir ab in Richtung Süden, wo die
Temperaturen ja noch Zweistellig sein sollen – ohne ein Minus davor. Das
Abschiedsbier an der Alexander-Bar wird (wer hätte das gedacht) zum Abschiedsfass.
Aber wir freuen uns extrem, so viele Freunde vor der Abreise nochmals zu
treffen. Der Plan lautet: „Wenn wir rechtzeitig abfahren, schaffen
wir es locker über die Grenze und schön nach Frankreich rüber“. Denkste.
Abfahrt erst nach dem Mittag. Kater wie der, von Sigfried und Roy. Powernap in
Gunzgen. Merci Petra&Hasi für’s Überhocken – und seid versichert: Gunzgen
ist eine Reise wert!

Nach einer Nacht in „Rolle“ am Genfersee (ohne „Mont sûr“)
queren wir dann anderntags die Grenze zu Frooonkreisch. Schon bald stellt sich
heraus, dass Les Bleus extrem gerne unser Nummernschild lesen. Nicht, dass wir
langsam fahren würden, aber die Jungs hocken auf, als möchten sie mit ihren
Peugeots 205 einen Jungen Terence zeugen. Abrupt ausgeführte Ausweichmanöver
aufgrund imaginärer Schlaglöcher schaffen Abhilfe und bringen auch ein wenig
Spass und nervöse Lichthupen. Wir landen in Sisteron und schlafen auf einem
Stellplatz am Fuss der Zitadelle, welche wir natürlich auch besteigen. Kann man
nicht meckern – saubere Sache diese Mittelalterstadt.

Und nun kommt Napoleon
ins Spiel. Weil es ihm mit seinen Jungs in Cannes wohl nicht gefallen hat
(Cannes aber auch Nizza gewesen sein), hat er sich damals, zurück aus dem Exil,
aufgemacht in Richtung Norden. Den Weg, den er dabei gewählt hat, ist heute als
eben diese „Route Napoleon“ bekannt. Wir haben ja doch schon die ein oder
andere Strasse befahren, aber gegen diese Strecke sehen Norwegens
Atlantikstrasse und die Australische Great Ocean Road so blass aus, wie der
Hintern einer Klosterfrau. Wir müssen an jeder Ecke anhalten um das auch
fotografisch festzuhalten. Die Bäume schauen aus, als wären sie in den Farbtopf
gefallen und dauernd schlängelt sich ein Fluss zwischen den Rebbergen durch.
Das ist einfach grandios. Vive la France!
Irgendwann sehen wir dann das Mittelmeer und stechen von den
Bergen runter an die Côte d’Azur. Tönt schon mal gut. Schnell noch Shorts und
T-Shirt montiert und schon geht’s an die Strandpromenade von St. Maxime. Es
reicht gerade noch zum Sunset Drink.
Doch die Leute laufen alle in Pullis, Jacken und Jeans rum und in den
Strassencafés werden die Heizstrahler angemacht. So lange sie nicht noch
Kafi-Träsch im Beckli ausschenken und „Anton aus Tirol“ anstimmen, lassen wir’s
ihnen durchgehen – die sind sich halt andere Temperaturen gewohnt.

Anderntags fahren wir nach Cannes und schauen auch in St.
Tropez vorbei. Den Kauf einer Jacht können wir uns gerade noch so verkneifen
und auch der VIP Club ist zum Glück schon zu. Das ist hier wie ausgestorben.
Selbst in Port Grimaud ist nicht mehr viel los, abgesehen von den deutschen
Seniorenreisen die ganz tief in die Sprachenzauberkiste greifen, wenn sie den
Kaffee mit Doppelrahm bestellen müssen. Tja, wärt ihr damals nicht nach
Russland...
Dann geht’s in die Camargue, auf den Camping de la Brise.
Und das kann man dann mal wörtlich nehmen. Terence schwankt im Wind, wie ein
Chinese beim Verlassen des Augustinerzelts und selbst die halb wilden Pferde,
die hier rumlungern, wie Werkschüler vor dem Aldi, verkriechen sich ins
Gebüsch. Ein veritabler Sturm statt nur ne’ leichte Brise. Wie immer versuchen
wir möglichst an der Küste entlang zu fahren und plötzlich stehen da noch
Flamingos irgendwo im Tümpel rum. Nicht die Schlagersänger – sondern echte
Flamingos. Sachen gibt’s.

Je näher wir der Spanischen Grenze kommen, desto
Abwechslungsreicher wird die Landschaft. Kleine Buchten fressen sich in die
roten Felsen rein und die pittoresken Dörfer reihen sich wie die Perlen einer
Kette an die Küstenlinie. Es ist halt schon schön, wenn’s schön ist. Plötzlich steht da ein Schild, welches besagt, dass wir nun
in Spanien sind. Ich mache allerdings jede Wette, dass die örtliche Polizei
jede zweite Woche ausrücken muss, um den „Catalunya“ Schriftzug über dem
durchgesprayten
„España“ zu entfernen.
„Chindschöpf!“ Natürlich zieht es uns nach Tossa de Mar und Llorett de Mar. Mal
schnell nachschauen, ob die Stätten unserer spätpubertären Alkoholexzesse noch
stehen. Also Jungs, das Move-Gaga, das Hollywood und das St. Trop sind noch da.
Sorry Guido und Fibi – ich hätte euch gerne ein „Valentinos“ T-Shirt
mitgenommen, aber die 10 Tequilas, die man weghauen muss um dieses zu kriegen,
vereinen sich nicht mehr mit meinem Jahrgang, aber für eine Bubenreise wäre
hier noch alles bereit. Steht ein Polterabend an?

Dann Barcelona... auch hier waren Sabrina und ich schon
öfter – allerdings noch nie gemeinsam. Habe gar nicht gewusst, dass die Stadt
auch bei Tag etwas hergibt. Terence parkieren wir beim Olympischen Museum für
schlappe 30 Euro pro Nacht in einer bewachten Anlage und dann geht’s ab ins
Getümmel. Mit dem Fahrrad hoch bis zum Montjuic ging auch schon ringer - aber
Sabrinas Laune ist bedeutend besser als am Prejkestolen. Dann sieht sie in der
Stadt an jeder Ecke eine Frau, welche diese komischen Schuhe trägt, welche
ausschauen wie ein paar Turnschuhe mit zugewachsenen, hohen Absätzen. Jede
Frau, welche nun an uns vorbeigeht wird genau beäugt (was ich grundsätzlich OK
finde) und trägt sie eben diese Schuhe, wird sie sofort eifersüchtig zur
Feindin erklärt. Die weiblichen Leserinnen wissen jetzt ganz genau worum’s
geht. Für die Männer gilt:
Weiter zum
nächsten Abschnitt! Ab sofort ist das erklärte Ziel meiner Angetrauten nämlich,
sich selber in den Besitz eines Paars dieser erlesenen Treter zu bringen und
dies dürfte, in Anbetracht der Auswahl an Schuhläden, kein Problem sein.
Ich
tue, was man in solchen Momenten immer tun sollte: Hinterherlatschen und ein interessiertes
Gesicht aufsetzen. Es geht ja nicht nur um das richtige Modell, sondern auch
Farbe, Art der Verschnürung, die Höhe des Absatzes, Material und Grösse sollen
passen und zu guter Letzt, soll das ganze auch noch edel drein schauen. Piiipaaapooo
- gefühlte 200 Schuhläden später - ich weiss nun was „Desigual“, „Mango“ und „Zara“
bedeutet – haben wir das exakte Objekt der Begierde noch immer nicht gefunden,
aber kennen nun alle Gassen in Barcelonas gotischem Viertel. Den Frust zu
ertränken ist in dieser Stadt wahrlich kein Problem und glücklicherweise gibt
es noch Taxis, die einem zu später Stunde zum bewachten Parkplatz bringen. Dass
der Wärter gerade eingeschlafen ist und wir völlig unbemerkt an ihm
vorbeikommen, lässt uns an der 30 Euro Investition dann doch etwas zweifeln,
aber zum Glück gibt es ja noch den italienischen Buschauffeur neben uns,
welcher um 03.30 Uhr Morgens den Reisecar für eine halbe Stunde warmlaufen
lässt. Zu Barcelona brauch ich euch ja sonst nix mehr zu sagen. Es ist
sicherlich eine der schönsten Städte der Welt und wer ihrem Zauber verfallen
ist, kommt stets wieder zurück.

Dann geht’s weiter an den Rio Ebro. Genauer gesagt in’s
Fischercamp von Andree’s Angelreisen in Riba Roja. Der Ebro ist für Angler, wie
Phuket für die Sextouristen... einmal im Leben musst du deinen Wurm dort
gebadet haben! Die Guides vor Ort nehmen sich unser an und organisieren im
Handumdrehen unsere Lizenzen und statten uns mit dem nötigen Know How aus, das
man braucht, um im Stausee des Ebros erfolgreich zu Fischen.
Commandante Franco hat hier nämlich den
gewaltigen Fluss stauen lassen und dabei ein ganzes Tal samt Dorf und Kirche
geflutet. Gut, für einige Fischarten, welche dann dorthin „importiert“ wurden,
schlecht für die Bewohner des Dorfes, welche mit gütiger Mithilfe von
Maschinengewehren „exportiert“ wurden.
Einzig
der Kirchturm von Fayon, welcher wie ein Mahnmal aus dem See ragt, erinnert an
diese grauenhafte Episode Spanisch-Katalanischer Geschichte. Der gute Heinrich nimmt
uns mit auf den Stausee und zeigt uns die besten Angelstellen und Techniken,
damit wir dann anderntags selber unser Glück probieren können. Genau beim
besagten Kirchturm scheppert’s dann zum ersten Mal richtig und wir können einen
schöner Zander landen, der wohl eben gerade dem Beichtstuhl entflohen ist. Dazu
gibt’s einige kapitale Egli über der magischen 40er Grenze. Ob die Grösse der
Fische mit dem nahe gelegenen Kernkraftwerk in Verbindung steht, lassen wir mal
offen und freuen uns ganz einfach über die tollen Fänge.

Abends gehen wir dann
mit den Guides ins Dorf zum Essen... und Trinken. Tja Leute, für 40 Euro pro
Person schlagen wir uns die Bäuche voll - ein Atomrausch im Preis inbegriffen.
Lag es am Wein, dem Bier, der Flasche Brandy oder der Buddel Jägermeister zum
Dessert... ich weiss es nicht mehr, aber anderntags ist dann erst Mal nix mit
„Morgenstund hat Gold im Mund“.
Wir können uns kaum losreissen von dieser schönen Gegend und
den tollen Leuten, die wir hier treffen und zögern unsere Abfahrt immer wieder
hinaus.

Irgendwann geht’s dann aber weiter und wir folgen dem Ebro
bis zum Delta, wo er ins Meer mündet. Hier wird der Grossteil an Reis angebaut,
welcher in Europa auf den Tisch kommt - sagt man uns und wir glauben’s halt
einfach mal. Und zu Reis passt...? Genau. Fisch.
Allerdings hält sich der Erfolg am Delta in Grenzen. Zum glück übernachten wir gratis, weil der Inhaber des Fischerladens uns seinen Nachtwächter als persönlichen Aufpasser abdétachiert. Die 150 Kg Manneskraft sollten die Einbrecher abhalten.

Die nächtlichen Temperaturen sinken hier allerdings schon
ziemlich tief und so beschliessen wir, weiter in den Süden zu ziehen. Wir
kriegen dabei nun zu Genüge das „hässliche“ Spanien zu sehen. In den 80er und
90ern ging’s den Jungs hier so gut, dass ein jeder sich Ferienapartments
leisten wollte. Die Banken haben Kredite mit 0 Prozent Anzahlung vergeben und
so entstanden potthässliche Betonbunker-Siedlungen dem ganzen Meer entlang. Als
dann die Finanzkrise kam, war ganz schnell fertig lustig und aus den
Ferienorten wurden Geisterstädte. Üüüüble Sache Maloney! Mit jedem Kilometer,
den wir gen Süden ziehen, wird es aber auch etwas wärmer. Tarragona, Valencia,
Andalusien, wir erreichen die 25 Grad Marke.... Freunde, wir wissen nun ganz
genau, wo der Samichlaus seine Orangen klaut. Das ist hier eine einzige
Plantage. Das Grundwasser muss man sich halt denken. Naja, Hauptsache Europa
kann das ganze Jahr über spanisches Gemüse kochen. Komisch, von dieser Art
„Ökologie“ sprechen die Vegetarier irgendwie nie... Dafür sind wir am Ziel
unserer November-Depressions-Reise angelangt: Almeria. 340 Sonnentage, 25 Grad,
Camping am Strand und Bier für einen Euro. Das meckern überlassen wir den
Bergziegen, welche über uns am Hang rumlungern. Wäre alles super, wenn nur nachts
das Rauschen der Wellen nicht wäre – aber wir werden uns dran gewöhnen.
Pura
Vida!
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