Dienstag, 18. November 2014

Ab in den Süden!


Bilder Mit dem November ist das ja so eine Sache. Er kommt mir manchmal vor, wie die Kartoffeln in den Älplermagronen... Es braucht sie zwar, aber niemand mag sie so wirklich. Deshalb zischen wir ab in Richtung Süden, wo die Temperaturen ja noch Zweistellig sein sollen – ohne ein Minus davor. Das Abschiedsbier an der Alexander-Bar wird (wer hätte das gedacht) zum Abschiedsfass. Aber wir freuen uns extrem, so viele Freunde vor der Abreise nochmals zu treffen. Der Plan lautet: „Wenn wir rechtzeitig abfahren, schaffen wir es locker über die Grenze und schön nach Frankreich rüber“. Denkste. Abfahrt erst nach dem Mittag. Kater wie der, von Sigfried und Roy. Powernap in Gunzgen. Merci Petra&Hasi für’s Überhocken – und seid versichert: Gunzgen ist eine Reise wert! 


Nach einer Nacht in „Rolle“ am Genfersee (ohne „Mont sûr“) queren wir dann anderntags die Grenze zu Frooonkreisch. Schon bald stellt sich heraus, dass Les Bleus extrem gerne unser Nummernschild lesen. Nicht, dass wir langsam fahren würden, aber die Jungs hocken auf, als möchten sie mit ihren Peugeots 205 einen Jungen Terence zeugen. Abrupt ausgeführte Ausweichmanöver aufgrund imaginärer Schlaglöcher schaffen Abhilfe und bringen auch ein wenig Spass und nervöse Lichthupen. Wir landen in Sisteron und schlafen auf einem Stellplatz am Fuss der Zitadelle, welche wir natürlich auch besteigen. Kann man nicht meckern – saubere Sache diese Mittelalterstadt. 

Und nun kommt Napoleon ins Spiel. Weil es ihm mit seinen Jungs in Cannes wohl nicht gefallen hat (Cannes aber auch Nizza gewesen sein), hat er sich damals, zurück aus dem Exil, aufgemacht in Richtung Norden. Den Weg, den er dabei gewählt hat, ist heute als eben diese „Route Napoleon“ bekannt. Wir haben ja doch schon die ein oder andere Strasse befahren, aber gegen diese Strecke sehen Norwegens Atlantikstrasse und die Australische Great Ocean Road so blass aus, wie der Hintern einer Klosterfrau. Wir müssen an jeder Ecke anhalten um das auch fotografisch festzuhalten. Die Bäume schauen aus, als wären sie in den Farbtopf gefallen und dauernd schlängelt sich ein Fluss zwischen den Rebbergen durch. Das ist einfach grandios. Vive la France!


Irgendwann sehen wir dann das Mittelmeer und stechen von den Bergen runter an die Côte d’Azur. Tönt schon mal gut. Schnell noch Shorts und T-Shirt montiert und schon geht’s an die Strandpromenade von St. Maxime. Es reicht gerade noch zum Sunset Drink.  Doch die Leute laufen alle in Pullis, Jacken und Jeans rum und in den Strassencafés werden die Heizstrahler angemacht. So lange sie nicht noch Kafi-Träsch im Beckli ausschenken und „Anton aus Tirol“ anstimmen, lassen wir’s ihnen durchgehen – die sind sich halt andere Temperaturen gewohnt.

Anderntags fahren wir nach Cannes und schauen auch in St. Tropez vorbei. Den Kauf einer Jacht können wir uns gerade noch so verkneifen und auch der VIP Club ist zum Glück schon zu. Das ist hier wie ausgestorben. Selbst in Port Grimaud ist nicht mehr viel los, abgesehen von den deutschen Seniorenreisen die ganz tief in die Sprachenzauberkiste greifen, wenn sie den Kaffee mit Doppelrahm bestellen müssen. Tja, wärt ihr damals nicht nach Russland...
Dann geht’s in die Camargue, auf den Camping de la Brise. Und das kann man dann mal wörtlich nehmen. Terence schwankt im Wind, wie ein Chinese beim Verlassen des Augustinerzelts und selbst die halb wilden Pferde, die hier rumlungern, wie Werkschüler vor dem Aldi, verkriechen sich ins Gebüsch. Ein veritabler Sturm statt nur ne’ leichte Brise. Wie immer versuchen wir möglichst an der Küste entlang zu fahren und plötzlich stehen da noch Flamingos irgendwo im Tümpel rum. Nicht die Schlagersänger – sondern echte Flamingos. Sachen gibt’s.

Je näher wir der Spanischen Grenze kommen, desto Abwechslungsreicher wird die Landschaft. Kleine Buchten fressen sich in die roten Felsen rein und die pittoresken Dörfer reihen sich wie die Perlen einer Kette an die Küstenlinie. Es ist halt schon schön, wenn’s schön ist. Plötzlich steht da ein Schild, welches besagt, dass wir nun in Spanien sind. Ich mache allerdings jede Wette, dass die örtliche Polizei jede zweite Woche ausrücken muss, um den „Catalunya“ Schriftzug über dem durchgesprayten  „España“ zu entfernen. „Chindschöpf!“ Natürlich zieht es uns nach Tossa de Mar und Llorett de Mar. Mal schnell nachschauen, ob die Stätten unserer spätpubertären Alkoholexzesse noch stehen. Also Jungs, das Move-Gaga, das Hollywood und das St. Trop sind noch da. Sorry Guido und Fibi – ich hätte euch gerne ein „Valentinos“ T-Shirt mitgenommen, aber die 10 Tequilas, die man weghauen muss um dieses zu kriegen, vereinen sich nicht mehr mit meinem Jahrgang, aber für eine Bubenreise wäre hier noch alles bereit. Steht ein Polterabend an?

Dann Barcelona... auch hier waren Sabrina und ich schon öfter – allerdings noch nie gemeinsam. Habe gar nicht gewusst, dass die Stadt auch bei Tag etwas hergibt. Terence parkieren wir beim Olympischen Museum für schlappe 30 Euro pro Nacht in einer bewachten Anlage und dann geht’s ab ins Getümmel. Mit dem Fahrrad hoch bis zum Montjuic ging auch schon ringer - aber Sabrinas Laune ist bedeutend besser als am Prejkestolen. Dann sieht sie in der Stadt an jeder Ecke eine Frau, welche diese komischen Schuhe trägt, welche ausschauen wie ein paar Turnschuhe mit zugewachsenen, hohen Absätzen. Jede Frau, welche nun an uns vorbeigeht wird genau beäugt (was ich grundsätzlich OK finde) und trägt sie eben diese Schuhe, wird sie sofort eifersüchtig zur Feindin erklärt. Die weiblichen Leserinnen wissen jetzt ganz genau worum’s geht. Für die Männer gilt:  Weiter zum nächsten Abschnitt! Ab sofort ist das erklärte Ziel meiner Angetrauten nämlich, sich selber in den Besitz eines Paars dieser erlesenen Treter zu bringen und dies dürfte, in Anbetracht der Auswahl an Schuhläden, kein Problem sein. 
Ich tue, was man in solchen Momenten immer tun sollte: Hinterherlatschen und ein interessiertes Gesicht aufsetzen. Es geht ja nicht nur um das richtige Modell, sondern auch Farbe, Art der Verschnürung, die Höhe des Absatzes, Material und Grösse sollen passen und zu guter Letzt, soll das ganze auch noch edel drein schauen. Piiipaaapooo - gefühlte 200 Schuhläden später - ich weiss nun was „Desigual“, „Mango“ und „Zara“ bedeutet – haben wir das exakte Objekt der Begierde noch immer nicht gefunden, aber kennen nun alle Gassen in Barcelonas gotischem Viertel. Den Frust zu ertränken ist in dieser Stadt wahrlich kein Problem und glücklicherweise gibt es noch Taxis, die einem zu später Stunde zum bewachten Parkplatz bringen. Dass der Wärter gerade eingeschlafen ist und wir völlig unbemerkt an ihm vorbeikommen, lässt uns an der 30 Euro Investition dann doch etwas zweifeln, aber zum Glück gibt es ja noch den italienischen Buschauffeur neben uns, welcher um 03.30 Uhr Morgens den Reisecar für eine halbe Stunde warmlaufen lässt. Zu Barcelona brauch ich euch ja sonst nix mehr zu sagen. Es ist sicherlich eine der schönsten Städte der Welt und wer ihrem Zauber verfallen ist, kommt stets wieder zurück.

Dann geht’s weiter an den Rio Ebro. Genauer gesagt in’s Fischercamp von Andree’s Angelreisen in Riba Roja. Der Ebro ist für Angler, wie Phuket für die Sextouristen... einmal im Leben musst du deinen Wurm dort gebadet haben! Die Guides vor Ort nehmen sich unser an und organisieren im Handumdrehen unsere Lizenzen und statten uns mit dem nötigen Know How aus, das man braucht, um im Stausee des Ebros erfolgreich zu Fischen.  Commandante Franco hat hier nämlich den gewaltigen Fluss stauen lassen und dabei ein ganzes Tal samt Dorf und Kirche geflutet. Gut, für einige Fischarten, welche dann dorthin „importiert“ wurden, schlecht für die Bewohner des Dorfes, welche mit gütiger Mithilfe von Maschinengewehren „exportiert“ wurden.  Einzig der Kirchturm von Fayon, welcher wie ein Mahnmal aus dem See ragt, erinnert an diese grauenhafte Episode Spanisch-Katalanischer Geschichte. Der gute Heinrich nimmt uns mit auf den Stausee und zeigt uns die besten Angelstellen und Techniken, damit wir dann anderntags selber unser Glück probieren können. Genau beim besagten Kirchturm scheppert’s dann zum ersten Mal richtig und wir können einen schöner Zander landen, der wohl eben gerade dem Beichtstuhl entflohen ist. Dazu gibt’s einige kapitale Egli über der magischen 40er Grenze. Ob die Grösse der Fische mit dem nahe gelegenen Kernkraftwerk in Verbindung steht, lassen wir mal offen und freuen uns ganz einfach über die tollen Fänge. 

Abends gehen wir dann mit den Guides ins Dorf zum Essen... und Trinken. Tja Leute, für 40 Euro pro Person schlagen wir uns die Bäuche voll - ein Atomrausch im Preis inbegriffen. Lag es am Wein, dem Bier, der Flasche Brandy oder der Buddel Jägermeister zum Dessert... ich weiss es nicht mehr, aber anderntags ist dann erst Mal nix mit „Morgenstund hat Gold im Mund“.  
Wir können uns kaum losreissen von dieser schönen Gegend und den tollen Leuten, die wir hier treffen und zögern unsere Abfahrt immer wieder hinaus.



Irgendwann geht’s dann aber weiter und wir folgen dem Ebro bis zum Delta, wo er ins Meer mündet. Hier wird der Grossteil an Reis angebaut, welcher in Europa auf den Tisch kommt - sagt man uns und wir glauben’s halt einfach mal. Und zu Reis passt...? Genau. Fisch. 
Allerdings hält sich der Erfolg am Delta in Grenzen. Zum glück übernachten wir gratis, weil der Inhaber des Fischerladens uns seinen Nachtwächter als persönlichen Aufpasser abdétachiert. Die 150 Kg Manneskraft sollten die Einbrecher abhalten.

Die nächtlichen Temperaturen sinken hier allerdings schon ziemlich tief und so beschliessen wir, weiter in den Süden zu ziehen. Wir kriegen dabei nun zu Genüge das „hässliche“ Spanien zu sehen. In den 80er und 90ern ging’s den Jungs hier so gut, dass ein jeder sich Ferienapartments leisten wollte. Die Banken haben Kredite mit 0 Prozent Anzahlung vergeben und so entstanden potthässliche Betonbunker-Siedlungen dem ganzen Meer entlang. Als dann die Finanzkrise kam, war ganz schnell fertig lustig und aus den Ferienorten wurden Geisterstädte. Üüüüble Sache Maloney! Mit jedem Kilometer, den wir gen Süden ziehen, wird es aber auch etwas wärmer. Tarragona, Valencia, Andalusien, wir erreichen die 25 Grad Marke.... Freunde, wir wissen nun ganz genau, wo der Samichlaus seine Orangen klaut. Das ist hier eine einzige Plantage. Das Grundwasser muss man sich halt denken. Naja, Hauptsache Europa kann das ganze Jahr über spanisches Gemüse kochen. Komisch, von dieser Art „Ökologie“ sprechen die Vegetarier irgendwie nie... Dafür sind wir am Ziel unserer November-Depressions-Reise angelangt: Almeria. 340 Sonnentage, 25 Grad, Camping am Strand und Bier für einen Euro. Das meckern überlassen wir den Bergziegen, welche über uns am Hang rumlungern. Wäre alles super, wenn nur nachts das Rauschen der Wellen nicht wäre – aber wir werden uns dran gewöhnen. 
Pura Vida!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen