Mittwoch, 13. März 2013

Aotearoa - Neuseeland Süd

Bilder Wir wähnen uns an Board eines Kreuzfahrtschiffs in der Karibik, als wir bei strahlendem Sonnenschein und einer leichten Brise von Wellington nach Picton überschippern. Nachdem wir uns versichert haben, dass der Kapitän nicht Italienischer Staatsbürger ist, geniessen wir die Fahrt in den Marlborough Sounds in vollen Zügen (bzw. Schiffen). Mit dem Bus geht's weiter nach Christchurch unter konstanter audio-informativer Berieselung durch den Chauffeur, der sich verpflichtet fühlt, uns Touristen jeden Baum persönlich mit Vor- und Nachname vorzustellen. Nach 5 Stunden erreichen wir mit blutenden Ohren Christchurch oder zumindest was davon noch übrig geblieben ist. Da unsere Karte noch gedruckt wurde, bevor hier jemand einen übergrossen Martini - geschüttelt und nicht gerührt - bestellt hat, ist diese so nutzlos, wie ein Blindenhund mit Sehschwäche. So irren wir durch diese Geisterstadt, die uns noch so lebhaft in Erinnerung ist, uns nun aber angesichts der Zerstörung bedrückt und traurig stimmt.
Tags darauf besorgen wir uns dann unser neues zu Hause auf vier Rädern, einen Kiwi Campervan mit 300'000 km auf dem Buckel, heissem Wasser und Einbau-WC, welches sicherlich noch nie einen Arsch von unten gesehen hat. So beginnt unsere off-the-beaten-track-Tour oder wie Sabrina es nennen würde: unsere Fischerferien.
Da wir die touristischen Highlights 2010 ja schon besucht haben, halten wir uns an Strassen, die man als Tourist nur aufgrund geistiger Umnachtung erkunden würde. Die seit Anfang Januar herrschende Trockenheit zaubert uns die Lach- und den ortsansässigen Bauern Stirnfalten ins Gesicht.

Nach einem säubernden Bad in den heissen Quellen von Hanmer Springs, bringt uns der Kiwi Camper nach Norden zum Farewell Spit. Auf einem Campingplatz mit Beachfront view, ziehen wir die Handbremse für einige Tage, gönnen Sabrina eine Fischerpause, ernten Muscheln direkt am Strand und lassen uns von Arne und Kerstin in die Geheimnisse von Schokoladen- und Bananenbier einweihen. Unsere Ferien könnten erholsamer nicht sein, würde Markus auf der Landkarte nicht diesen gottverlassenen Kiesweg ans Ende der Welt entdecken. So holpern wir 20km durchs zugegebenermassen spektakuläre Niemandsland, als Sabrina der Hafer sticht und sie in einem Anflug sportlicher Ausgelassenheit den 30min Wanderweg zum Lake Otuhie erspäht. Nach 45min Fussmarsch (noch kein See in Sicht) kommt bei Sabrina eine gewisse Hektik auf, als sie vor uns eine Herde Kühe sichtet. Wie schnell sich Hektik in Panik verwandeln kann, merkt Markus, als sich die Herde von ca 150 Kühen durch einige Hunde angetrieben im Galopp direkt auf uns zu bewegt, was wiederum zur Folge hat, dass seine Frischvermählte im Stile eines Sergej Bubka den angrenzenden Wassergraben als einzigen Fluchtweg auserkürt. Puls 150. Kreidebleich. Der freundliche Farmer, der mit seinem Quad-bike der Herde folgt, erzählt wohl die Geschichte der beiden Idioten, welche er inmitten von Nirgendwo mit Angelruten bewaffnet aufgefunden hat, schenkelklopfend bis an sein Lebensende. Wir lernen: Kartenlesen gehört verboten und Kühe in den MC Donalds.
Vorbei geht's an unzähligen Gewässer, von denen wir etliche beangeln mit mehr (Markus) oder weniger (Sabrina) grossem Erfolg. (Sie hat ja schon Glück in der Liebe ;-))

Auf Tipp eines Anglers aus dem grossen nördlichen Kanton entdecken wir für uns den pittoresken Lake Lyndon auf dem Arthurs Pass. Hier lässt sich's leben. Free Camping, suizidgefährdete Fische, Bier- und Weinreserven aufgestockt und weit und breit keine menschenfressenden Sandfliegen. Diese kleinen Biester sind ansonsten wirklich allgegenwärtig und zwingen einem beim Angeln Ganzkörperschutz auf. Sie sind sicherlich die grösste Pest in einem sonst wunderbaren Land und sogar die Einheimischen hassen die Dinger (abgesehen vielleicht von den Herren Antibrumm, Bushman und Off, die allesamt in einem Märchenschloss leben dürften).

Nach einigen Tagen in der Wildnis schreit Frau W. förmlich nach Zivilisation. So gönnen wir uns den  reimenden Campingplatz mit Spa in Wanaka. Anderntags steht unsere Welt dann Kopf. Puzzle World ist ein Park mit zahlreichen Attraktionen rund ums Thema optische Täuschung. Die dabei entstandenen Bilder sind noch ganz witzig, aber uns ist danach so übel, als hätten wir englische Tiefkühllasagne gefuttert.

Nach diesem Kulturschock zieht es uns wieder in die Einsamkeit der Zweisamkeit - schliesslich sind wir ja auf Honeymoon. Jetzt suchen wir wirklich den Arsch der Welt und finden ihn in Form von einer Siedlung namens Jacksons Bay. Natürlich gibt's auch hier einen herrlichen Fluss und an ebendiesem verlangt ein Typ bewaffnet mit Bier und Zigarette unsere Angellizenzen zu sehen. Markus bittet den offensichtlich angeschossenen Kiwi erstmal um dessen Kontrolleurs-Bescheinigung und entlarvt den kurz gezückten Ausweis als Visakarte. "Tipical Kiwi Bloke Joke Mate" sagt dieser und lädt uns auf ein Bier und einen Happen Lobster in seine Hunting und Fishing Lodge ein, die er ferienhalber mit zehn Amigos bewohnt. 
Gretchenfrage: würdet ihr dem Wolf im Schafspelz folgen? Bewaffnet bis an die Zähne mit einem Schweizer Sackmesser und dem Glauben an das Gute in besoffene Menschen, kreuzen wir eine halbe Stunde später bei der Lodge auf, noch bevor unser Gastgeber ankommt und verklickern den verblüfften Jungs in der Küche, dass uns hier ein Bier versprochen wurde. Bevor wir uns versehen, befinden wir uns mitten in einer witzigen Kiwi-Party, futtern frischgefangenen Lobster à discretion und sprechen dem Honigwhisky in leicht übertriebenem Masse zu. Dadurch gestärkt, gewinnt Markus das Mitternächtliche "Chatzestreble", was ihm anderntags prompt als Ausrede für das Miezekätzchen dienen soll, das sich in seinem Kopf befindet. Die Jungs nehmen uns auf ihren Booten mit auf's Meer hinaus, wobei Sabrina auf's Boot der Partycrew und Markus beim Team Schlaftablette eingeteilt wird. Kaum auf offener See begegnen wir Flipper und seinen geschätzten 120 Kollegen - somit wäre auch die Dolphin whatching Tour von der "to do list" abgehakt. Den leckeren Blue Nose Fisch, welchen wir aus 300 Meter Tiefe hochkurbeln, geniessen wir im Bierteig und steuern unsererseits gegravte Browntrout zum Abschliessenden Abendmahl bei.

Entlang der Westküste geht's nun hoch bis an's andere Ende der Strasse, welches doch respektable 600km weiter nördlich liegt. Hokitika, Greymouth, Westport - die drei grössten Städte, welche die Einwohnerzahl von Greppen nur um Haaresbreite verfehlen dürften - passieren wir im Eiltempo. Im Hippiedörfchen Karamea werden wir überraschenderweise nicht vom Bürgermeister empfangen, da wir aufgrund eines hier startenden populären Wanderwegs doch nicht die einzigen Touris sind, welche sich hier hoch verirren. Wir lassen die Wandervögel wandern und vö... ähm nein, fischen im Karamea River und werfen uns den abertausenden Sandfliegen noch einmal zum Frass vor.

Das krönende Highlight dann zum Schluss. Per Zufall stolpern wir auf dem Rückweg nach Christchurch über einen See, der sich vom härtesten gewaschen hat - Lake Heron heisst diese Schönheit. Und falls es an dessen Ufer nur einen einzigen Baum gäbe, dann hätte sich Markus mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an ebendiesem angekettet würde bis an sein Lebensende flennend den Lachsen beim Steigen zusehen...

Nach zwei mal 4000km auf der Südinsel gibt es also kaum noch eine Ecke, die wir nicht gesehen haben. Aus diesem Grund wird es Zeit, was Neues zu entdecken und da Fiji grad so auf dem Weg liegt, dünkt uns ein Abstecher dorthin nicht die allerdümmste Idee.
Schaut einfach, dass ihr zu Ostern den Schnee weggeräumt und die Sonne aus der Mottenkiste geholt habt - wir möchten die Bräune ja nicht allzu schnell wieder verlieren.

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